Tipp für kühle Sommerferientage: Sonderausstellung „Von Pflanzen und Menschen“ im Hygiene-Museum

Wusstet ihr, dass Bäume über ihre Wurzeln miteinander in Beziehung stehen? Über diese Verbindung sprechen sie miteinander, sie machen sich untereinander bemerkbar, z.B. wenn es ihnen nicht gut geht.

Pflanzen sind die am meisten unterschätzten Lebewesen dieser Erde. Dabei bilden sie unsere Lebensgrundlage.

Wolltet ihr schon immer mal mehr über Pflanzen und unsere Verbindung zu ihnen erfahren, dann macht euch auf in das Hygiene-Museum Dresden und besucht die derzeitige Sonderausstellung!

Wir waren bereits für euch da!

Miniatur eines Gartens mit mehr als 250 Pflanzen Haararbeit, vermutlich erste Hälfte 20. Jahrhundert Sammlung Schwarzkopf im Deutschen Hygiene-Museum Foto: Oliver Killig (Pressebild DHMD)
Miniatur eines Gartens mit mehr als 250 Pflanzen
Haararbeit, vermutlich erste Hälfte 20. Jahrhundert
Sammlung Schwarzkopf im Deutschen Hygiene-Museum
Foto: Oliver Killig (Pressebild DHMD)

Impressionen

Bereits die große Installation im Gang zu den Räumen der Ausstellung – eine mit Efeu bewachsene Wand – lässt erähnen, mit welcher Kraft Pflanzen sich ihre Räume erobern können.

Ebenso fesselnd sind die zahlreichen Installationen im Inneren der Ausstellung – eine Makro-Videoaufnahme eines keimenden Samens gibt uns das Gefühl, es handele sich hier um ein Lebewesen, welches sich mit kraftvollen, beinahe menschlichen, scheinbar durchdachten Bewegungen seinen Weg zu Wasser und Licht sucht.

Postkarte mit Blumensprache um 1900 (Pressebild DHMD)
Postkarte mit Blumensprache
um 1900 (Pressebild DHMD)

Eine Wand zeigt Fotos mehrerer pflanzlicher Formen – spiralförmig gewundene Triebe, malerisch geometrisch ausgeformte Blätter, regelmäßige Anordnung der Stengel einer Pflanze – Formen, die immer wieder in der Architektur und der Bildenden Kunst verwendet werden – die Pflanzenwelt als Quelle menschlicher Ästhetik.

Klackende Geräusche durchziehen den Raum, ziehen uns an, lassen uns Fragen stellen. Es sind Geräusche, die im Inneren der Bäume entstehen, dann, wenn Strukturen vertrocknen. Bäumen beim Vertrocknen zuhören.

Die Ausstellung ist in drei Räume aufgeteilt, jeder Raum folgt einem anderen Schwerpunkt. Jeder Raum lockt durch ganz eigene Inszenierungen der Thematik und mit diversen interaktiven Angeboten.

Raum 1: Zu den Wurzeln

Der erste Raum beschäftigt sich mit den Ursprüngen des Lebens. Ganz klar wird die Reihenfolge verdeutlicht: erst waren die Pflanzen da, die menschliches Leben auf unserem Planeten erst möglich machten, indem durch die Photosynthese der Pflanzen in der Atmosphäre Sauerstoff angereichert wurde. Der Sauerstoff also, den wir zum Atmen brauchen, unser Lebenselixier, wäre ohne Pflanzen undenkbar! Dennoch betreiben wir Raubbau und verhalten uns, als wären wir die Krönung der Schöpfung – und nicht ein Lebewesen unter vielen.

Der Mensch glaubt unabhängig zu sein und alles kontrollieren zu könen – die zahlreichen Klimaveränderungen und -krisen beweisen aber das Gegenteil. Pflanzen reagieren auf Umwelteinflüsse, genauso wie der Mensch auch mit Krankheit und Tod, dies zeigt wunderbar das kleine Video einer Mimose.

André Bayard La Sensitive, Éclair, 1914, Film (Pressebild DHMD)
André Bayard
La Sensitive, Éclair, 1914, Film (Pressebild DHMD)

Die Art und Weise, wie wir Menschen Pflanzen kategorisieren und benennen, sagt etwas über unsere Beziehung zu ihnen aus, die von Kultur zu Kultur verschieden  ausfällt. Während die einen kontrollieren wollen, zeigen die Namen anderer Kulturen eine tiefe Verbundenheit, die die Pflanzen als Geschöpf mit Wirkungen auf die Welt und auf den Menschen charakterisieren. Längst sind nicht alle Pflanzenarten entdeckt.

Raum 2: Saat und Ernte

Im zweiten Raum werden Pflanzen als Grundlage für Nahrungsmittel, Medikamente und Baustoffe dargestellt. Dabei liegt der Schwerpunkt vor allem auf der Landwirtschaft. Durch gezielte Manipulation der Pflanzenwelt, Züchtung, Düngung, Pflanzenschutzmittel, Monokulturen, wird die Artenvielfalt gefährdet. Pflanzen werden immer mehr an unsere menschlichen Bedürfnisse angepasst, die planetarische Landschaft immer mehr verändert.

Gesetze, Abkommen und Fördermaßnahmen steuern die Verwendung von Pflanzen. Hohe Erträge löschen scheinbar nutzlose Pflanzen aus. Die Folge: leblose Einöden und anfällige Monokulturen. Die Natur rächt sich: Klimawandel, Insektensterben, das Verschwinden von Vogelarten – ein Umdenken ist jetzt notwendig!

Sprühflugzeug über einem Feld istock foto / Brian Brown (Pressebild DHMD)
Sprühflugzeug über einem Feld
istock foto / Brian Brown (Pressebild DHMD)

Bienen sind die wichtigsten Bestäuberinnen unserer heimischen Nutzpflanzen. Fällt diese Bestäubung weg, geht uns wortwörtlich das Futter aus!

Fast jede noch so alltägliche Konsumentscheidung hat Auswirkungen auf unseren weltweiten Holzbestand. Der Wald ist unverzichtbar, beispielsweise als Bremse gegen den Temperaturanstieg. Umso begrohlicher erscheint uns nun das Fällen einzelner Bäume in Städten, die städtebaulichen Veränderungen weichen müssen!

Eingriffe in die Natur: Mittlerweile gibt es Staaten dieser Welt, in der Pflanzen als juristische Personen gelten, so können sie, wenn für sie Partei ergriffen wird, geschützt werden.

Raum 3: Ins Grüne! Leben im planetarischen Garten

Der dritte Raum nimmt das Verhältnis der menschlichen Privatgärten zum planetarischen Erdengarten in den Fokus.

Im eigenen Garten können wir Menschen beobachten und lernen, wie Pflanzen wachsen und gedeihen – oder auch nicht. Anhand unseres kleinen selbsterschaffenen Ökosystems erleben wir unseren Einfluss auf die Welt.

So ein kleiner Garten zeigt uns immer wieder auf, dass wir Pflanzen anhand ihres Nutz- oder ästhetischen Wertes für gut oder schlecht befinden. Es gibt Pflanzen die wir hegen, andere reißen wir aus. Wir bestimmen, was einen Wert hat, was keinen. Und dennoch sind Pflanzen stark und kräftig, holen sich in kürzester Zeit zurück, was wohl einst ihnen gehörte: leere Brachen, verlassene Häuser, werden von Pflanzen überwuchert, jede findet ihre Niesche. Auf die Pflanzen folgen erste Insekten, dann größere Tiere, die sich wiederrum von Insekten ernähren.

Volker Kreidler Prypjat, aus der Serie „Dritte Landschaft“, 2016, Piezo-Pigmentdruck © Volker Kreidler (Pressebild DHMD)
Volker Kreidler
Prypjat, aus der Serie „Dritte Landschaft“, 2016, Piezo-Pigmentdruck
© Volker Kreidler (Pressebild DHMD)

Doch welches Verhältnis hat der Mensch zu einer wilden Natur, wo weder Genuss- noch Nutzungsinteresse besteht?

Relativ am Ende der Ausstellung wird auf ein fortlaufendes Online-Fotoarchiv verwiesen: Schreckliche Bilder deutscher Vorgarten-Kultur werden auf der Facebook-Seite Gärten des Grauens präsentiert. In der Ausstellung findest du gleichsam allerhand Tipps, diesen steinigen Einöden entgegenzuwirken: Guerilla-Gärtnern.

Werde Öko-Guerilla!

  1. Pflanzt Unkräuter! Je wilder der Garten, desto anziehender ist er für Insekten. Heimische Wildpflanzen sind Magneten für Bienen, Falter, Schwebfliegen und viele mehr.
  2. Meidet exotische und hochgezüchtete Pflanzen! Geranien, Petunien, Begonien, Fuchsien, Steifmütterchen, Forsythien sind vielleicht schön, aber für heimische Bestäuberinsekten nutzlos, da sie kaum noch über Staubbeutel verfügen. Pflanzt stattdessen Glockenblumen, Frauenmantel, Rittersporn, Maiglöckchen, Sonnenblumen, …
  3. Laubhaufen können ruhig liegen bleiben und lasst das Gras länger wachsen! So schafft ihr ein Paradies für Käfer und andere Insekten, mit den Laubhaufen Möglichkeiten zur Überwinterung.
  4. Insekten sind Freunde, nicht Feinde! Sie sind Nahrungsgrundlage für andere Insekten, Vögel, Eidechsen, … Auch wenn ihr vielleicht gelegentlich Unbehagen in ihrer Gegenwart verspürt: eine Welt ohne Insekten ist der Anfang einer Welt ohne den Menschen!
  5. Baut Samenbomben! 5 Esslöffel Blumenerde, 5 Esslöffel Betonit-Katzenstreu, 1 Teelöffel Wildpflanzensamenmischung, mit etwas Wasser zu walnussgroßen Kugeln formen, trocknen lassen. Und dann zieht los und werft sie ab: auf Verkehrsinseln, brachliegenden Grundstücken, in Nachbars Garten … und verschenkt sie ganz wild an eure Freunde!
Andreas Weinand Erwin, Unkraut (aus der Serie The Good Earth), 2001, Fotografie Courtesy Andreas Weinand © Andreas Weinand (Pressebild DHMD)
Andreas Weinand
Erwin, Unkraut (aus der Serie The Good Earth), 2001, Fotografie
Courtesy Andreas Weinand
© Andreas Weinand (Pressebild DHMD)

Die Botschaft der Ausstellung an alle BesucherInnen ist: Nehmt wahr, dass ihr Pflanzen zum Überleben braucht! Geht es den Pflanzen schlecht, wird es auch uns schlecht gehen irgendwann. Der Mensch sägt an dem Ast, auf dem er sitzt!

Begleitend finden zahlreiche Veranstaltungen rund um Pflanzen statt: Wie geht die Stadt im Klimawandel?, Alles Pflanze – Wege in eine neue Wachstumsgesellschaft, Pflege und Gesundheit: Kräuter statt Pillen, Waldluft auf Rezept, …

Den Veranstaltungskalender findet ihr auf der Website des Deutschen Hygiene-Museums.

Die Ausstellung „Von Pflanzen und Menschen“ kann noch bis 19. April 2020 im Deutschen Hygiene-Museum Dresden besucht werden.

Organisatorisches

Deutsches Hygiene-Museum, Lingnerplatz 1, 01069 Dresden

Öffnungszeiten:

Dienstag bis Sonntag und Feiertage: 10 -18 Uhr

letzter Einlass und Kassenschluss: 17:30 Uhr

montags geschlossen, es sei denn, der Montag ist ein Feiertag, geschlossen am: 1. Januar, 24. und 25. Dezember

Ticketpreise:

Kinder bis 16 Jahre: frei; Ermäßigungsberechtigte: 4 €

Erwachsene: 9 €; Familienkarte: 14 €

Weitere Informationen zum Deutschen Hygiene-Museum findet ihr auf der Website.

Wart ihr bereits in der Ausstellung oder seid unserem Aufruf gefolgt? Wie bepflanzt ihr euren Garten oder gärtnert ihr bereits nach Guerilla-Art? Schreibt uns in die Kommentare, was ihr tut, um die Pflanzenvielfalt der Erde zu erhalten.

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