Manchmal sind es die kleinen Details in den unbekannten Ecken Dresdens, die nicht bunt und schillernd sind, aber durch zarte Eleganz und puristische Schönheit beeindrucken. Im hektischen Alltag übersehen wir sie allzu oft. In Erinnerung bleiben sie aber, wenn wir ausruhen dürfen… oder müssen, z.B. weil wir im Stau stehen, obwohl wir alles versucht haben, um selbigem durch die gekonnte Nutzung von Nebenstraßen zu entkommen. Diese Momente lehren uns, innezuhalten und uns zu besinnen. Daher hier ein Ausflug in die Steinstraße in der Pirnaischen Vorstadt – Ein- und Ausblicke eines Beifahrers. Oder: was man da eben so am Straßenrand sehen konnte.
In Dresden tut sich einiges und wenn die Autobahn gesperrt ist, noch viel mehr, weil Reisende dann eine Alternativroute durch die Stadt suchen. So tut sich dann bald nicht mehr ganz so viel und die meisten Verkehrsadern sind durch Staus sowie Rückstaus verstopft. Was sich nicht ändern lässt und dem ich mit Akzeptanz begegnen sollte. Dörte Freitag würde auch sagen, endlich Zeit, um die eigene Mitte zu finden. Da sitzen wir also, meine Mitte und ich – und wollten doch eigentlich rasch woanders sein. Dennoch erlaubt die ungewollte Pause, zu schauen, was sich rechts und links des Weges befindet – in der Steinstraße, einer Abkürzung, die keine war.
Zunächst ein paar Fakten: Die Steinstraße befindet sich in der Pirnaischen Vorstadt von Dresden und dient als Verbindungsstraße zwischen der Pillnitzer Straße im Süden und dem Terrassenufer im Norden, das entlang der Elbe verläuft. Ihre Benennung erfolgte im Jahr 1871 und geht auf ihre historische Funktion als Sandstein-Ausladeplatz zurück. Dieser Ausladeplatz lag am nördlichen Ende der Straße an der Elbe. Damals ziemlich wichtig, denn Sandstein war ein zentraler Baustoff für viele Bauwerke in Dresden.
Eine Hecke in Dresden
Was gibt es in der Steinstraße also zu sehen? Wildwuchs kleiner Ästchen ragt keck über die ansonsten gerade gestutzte Hecke und demonstriert den Triumph der Unordnung über alle Versuche der Strukturierung. Schützend hält der Baum rechts daneben seine Krone über dieses Sinnbild des Kampfes von Ordnung und Destruktivität. Der genaue Betrachter erkennt zudem einen Pfad zwischen Baum und Hecke, der ins Unbekannte führt. „Macht euch auf“, scheint die Natur uns hier zuzurufen. Doch wohin, das lässt sie offen. Die Schönheit des Straßengrüns vermag dennoch nicht darüber hinwegzutäuschen, dass der Reisende gerade wichtige Anschlusstermine verpasst. Aber was will man machen?
Oft wenig beachtet: Dresdner Parkautomat
Auch zu sehen: ein Parkautomat. Oft bleibt diesem die ihm gebührende Anerkennung verwehrt, erträgt er es doch stillschweigend, dass achtlos Kaugummis an ihn geklebt und Hundebeine an ihm gehoben werden. Unbeirrt tut er seinen Dienst und wird zur Anlaufstelle all derer, die hier noch länger verweilen möchten als ich im Stau. Er ist ein stummer Diener der Dresdner Parkraumbewirtschaftung, in neutralem Grau und möchte sich auch dann nicht positionieren, wenn man ihn nach seiner eigenen Meinung zur Höhe der Parkgebühren auf den Parkplätzen befragt. Er bleibt stumm. Oh Parkautomat, du unterschätzter Helfer!
Zugleich sind erste Indizien des Herbstes zu sehen, in Form der an der Bordsteinkante liegenden Blätter, während links im Bild ein Fahrradträger oben ohne (also ohne Fahrrad) unterwegs ist. Möglicherweise weil der Besitzer des selbigen doch lieber Serien streamt statt zu radeln. Ist es ein Appell, sich von übermäßig ehrgeizig gesetzten Zielen zurückzulehnen und den Ehrgeiz einfach mal beiseite zu packen? Den Fahrradträger einfach mal leer zu lassen? Oder lieber einen guten Wein zu genießen und gar nicht zu fahren?
Hinter diesem bedeutungsvollen Werk hat sich eine kleine Herde grauer Autos versammelt, um neue Gebiete für sich einzunehmen. Vielleicht kehren sie auch in ihre Heimat zurück, um sich auszutauschen oder andere Dinge zu tun. Wo kommen eigentlich die kleinen Autos her? Zuvor gilt es jedoch, demütig hinter dem Transporter zu stehen und zu verweilen.
Ein Blick ist zu erhaschen auf die stolze Betonlandschaft, die als gelb-brauner Block emporragt und sich allen Widrigkeiten stellt. Hier darf der Blick verweilen und an der schlichten Eleganz des Betons zur Ruhe finden. Drei geöffnete Fenster laden uns ein, vorbeizuschauen. Was mag es wohl zum Abendessen geben? Doch leider ruft die bittere Realität zur Vernunft – an der Außenseite des Gebäudes hinaufzuklettern, um in den Wohnungen die schmorende Pfanne vom Herd zu entwenden dürfte schon an der Unsportlichkeit des Autors scheitern. Doch geträumt werden darf, von Köstlichem aus fremden Küchen oder eben einer genauso köstlichen Currywurst.
Der Stillstand des stockenden oder nahezu ruhenden, ja beinahe stoisch nur herumstehenden Verkehrs mahnt den hastigen Reisenden zur Ruhe. Manchmal, so lehrt dies, sind Pausen nicht freiwillig, müssen aber sein und erlauben den Blick an den Straßenrand – so wie in der Steinstraße. Manch pittoreske Schönheit offenbart ihren Glanz nicht auf den ersten Blick. Man muss schon länger hinschauen. Ganz lange. Aber dann zeigt sich einiges. Fragt ihr euch auch, was sich wohl hinter der Hecke in der Steinstraße verbirgt? Dann schaut doch mal nach!
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