Erich Kästner in Dresden-Dresden in der Literatur Teil 2/3

Wir Kästners sind auf die weite Welt nicht sonderlich neugierig. Wir leiden nicht am Fernweh, sondern am Heimweh. Warum sollten wir in den Schwarzwald oder auf den Gaurisankar oder zum Trafalgar Square? Die Kastanie vorm Haus, der Dresdner Wolfshügel und der Altmarkt tun es auch. Wenn wir unser Bett und die Fenster in der Wohnstube mitnehmen könnten, dann ließe sich vielleicht darüber reden! Aber in die Fremde ziehen und das Zuhause daheimlassen? Nein, so hoch kann kein Berg und so geheimnisvoll kann keine Oase sein […], daß wir meinen, wir müßten sie kennenlernen! Es ginge noch, wenn wir daheim einschliefen und in Buenos Aires aufwachten! Das Dortsein wäre vorübergehend zu ertragen, aber das Hinkommen? Niemals!

…ja, es ist wieder Lockdown. Umso tröstender ist dann doch dieses Zitat von einem besonders bekanntem Dresdner, welcher sich hier so wohlfühlte, dass er sein zu Hause gern mitgenommen hätte: Erich Kästner. So ziemlich jeder kennt seine bekanntesten Werke wie Emil und die Detektive, Pünktchen und Anton und natürlich auch Als ich ein kleiner Junge war. Letzteres ist ein Werk über seine Kindheit in Dresden. Wir haben wieder für euch recherchiert und nehmen euch in diesem Teil unserer Literatur-Serie mit auf eine Reise ins letzte Jahrhundert, als Erich Kästner ein kleiner Junge in Dresden war!

Dresden zur Jahrhundertwende

…in dieser Zeit wurde Erich Kästner nämlich geboren! Um genau zu sein am 23.Februar 1899 in der Königsbrücker Straße. Der Vater Sattlermeister, die Mutter Hausmädchen und später Friseurin, wurde er in eine Arbeiterfamilie hineingeboren, was sich unter anderem auch in seinen späteren Werken und offiziellen Positionierungen niederschlug. Seine gesamte Jugend verbrachte er in der Dresdner Neustadt, was immer noch sehr identitätsstiftend für das heutige Szenenviertel ist.

1913 begann er eine Ausbildung zum Volksschullehrer in der Marienallee, welche er 3 Jahre später jedoch wieder abbrach. Wem das Buch „Das fliegende Klassenzimmer“ etwas sagt, wird kaum überrascht sein, dass einige geschilderte Passagen von seinen dort gemachten Erfahrungen stammen. Sein Abitur machte Erich Kästner dann nach Ende des Ersten Weltkriegs am König-Georg-Gymnasium.

In seinem Kinderbuch „Als ich ein kleiner Junge war“ erzählt Erich Kästner liebevoll die Geschichte seiner Eltern und Großeltern und von seiner Kindheit von 1907 bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs (welchen er als das Ende seiner Kindheit bezeichnet). Das Buch schafft einen guten Eindruck vom alltäglichen Treiben auf den Straßen und Plätzen Dresdens zu Beginn des letzten Jahrhunderts.

Erich Kästner und sein Werk

Nach Abschluss seines Abitur zog es den jungen Dresdner nach Leipzig, wo er Germanistik, Geschichte und Philosophie studierte. Nachdem er dort 1925 promoviert hatte, zog er nach Berlin und war dort nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als freier Mitarbeiter bei Zeitschriften tätig und verdingte sich als Theaterkritiker. Doch besonders berühmt wurde er durch seine damals revolutionären Kinderbücher. Allein sein erstes Kinderbuch- die Detektivgeschichte „Emil und die Detektive“ wurde in Deutschland über 2 Millionen Mal verkauft und somit ein Bestseller, welcher später in über 40 Sprachen übersetzt worden ist.

Vieles änderte sich mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933. Kästners Bücher wurden bei der Bücherverbrennung im Mai 1933 verbrannt und galten fortan als „entartet“. Trotzdem arbeitete er unter verschiedenen Synonymen vor allem als Drehbuchautor und Dramaturg weiter und spezialisierte sich in dieser Zeit vor allem auf die Unterhaltungsbranche.

Erich Kästner verbrachte den Rest seines Lebens nach Ende des Zweiten Weltkrieges in München, wo er weiterhin als Publizist und Journalist arbeitete. In der Nachkriegszeit setzte er sich vor allem gegen die erstarkende Remilitarisierung ein und thematisiert dies auch in seinem Kinderbuch „Die Konferenz der Tiere“.

Zahlreiche seiner Bücher wurden verfilmt, so kennen wir fast alle die Verfilmungen zu „Emil und die Detektive“ (Achtung: es sind gibt 8 verschiedene Verfilmungen) und „Das doppelte Lottchen“. Es gibt sogar einen Animationsfilm zu „Die Konferenz der Tiere“ und passend zur Weihnachtszeit empfehle ich „Das fliegende Klassenzimmer“, welcher in Leipzig spielt und den berühmten Leipziger Thomanerchor einbezieht.

Auf den Spuren Kästners in der Dresdner Neustadt

Das Erich-Kästner-Museum am Albertplatz wird vielen ja bereits bekannt sein. Es befindet sich in der ehemaligen Villa des Onkels von Erich Kästner. Seit 2000 erinnert es an den berühmten Autor und ist als mobile interaktive micromuseum eines der ersten kulturellen Projekte der Nullerjahre. Es verfolgt ein sehr modernes Konzept der Wissensvermittlung. Hier werden Museumsinhalte mit Medientechnologie kombiniert. Auf der Internetseite des Erich Kästner Hauses für Literatur steht dazu:

Durch die ressourcensparende mikroarchitektonische Implantation wurde nicht nur authentische alte Bausubstanz, sondern zugleich ein wichtiges städtebauliches Areal inmitten der Dresdner Neustadt neu belebt und erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Diese lebendige Denkmalpflege erfüllt den Anspruch, Historisches zu bewahren und in die Gegenwart und Zukunft zu transportieren(…). Die Museumsstruktur ist ein neuartiges Haus im Haus, das gleichzeitig in dem denkmalgeschützten realen Haus der alten Welt, der Villa Augustin, und dem virtuellen „globalhouse“ ein Zuhause gefunden hat.

Neben der beliebten Dauerausstellung gab es auch über die Jahre hinweg zahlreiche Kabinettausstellungen, welche bestimmte Themenkomplexe aus Kästners Leben und Werk im Detail darstellten. Hier findet sich auch ein Archiv mit verschiedensprachigen Kästner-Ausgaben und zahlreichen Werken rund um den Autor.

Jetzt zur Corona-Zeit zeigt das Erich Kästner Haus für Literatur besonders viel Kreativität im Umschwung von analog zu digital: so gibt es zahlreiche Möglichkeiten, das Museum online über Online-Veranstaltungen zu besuchen. Auch interaktiv ist das Erich Kästner Museum besonders engagiert. So kann man beispielsweise einen Spaziergang durch den Kästner-Kiez mit mehr oder weniger kniffligen Rätseln machen und sich quasi live auf die Spuren von Erich Kästner begeben (wer sich online mal durchklicken will: hier geht es zur Internetseite des Erich Kästner Viertels). Eine gute Idee für einen ausgedehnten Spaziergang oder für einen Kindergeburtstag vielleicht? Bekannt sind ansonsten auch noch das Erich-Kästner-MuseumsMobil und die Erich-Kästner-Rallye vor Ende des Schuljahres, bei welcher sich jährlich 280 Drittklässler Dresdens auf die Spuren von Kästners Emil und den Detektiven begeben.

Neben dem bekannten Museum in Andenken an Erich Kästner erinnern Gedenktafeln und Statuen und die Kästner-Passage an den Sohn Dresdens. Auch wenn seine Werke mit der Zeit immer älter werden, verlieren sie trotzdem nicht an Aktualität und bleiben weiterhin Klassiker in der (Kinder-)Literatur. Wer also im letzten Moment noch ein Weihnachtsgeschenk zum Vorlesen sucht: mit einem Buch von Erich Kästner ist man aufgrund seines Witzes und Charmes immer auf der richtigen Seite und schenkt damit Freude für Groß und Klein. Wir wünschen allen ein Frohes Fest!

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